Prolog: der Anfang aller Dinge

Am Anfang aller Werke steht eine Idee. Die Welt, in der diese Fantasy-Geschichte spielt, wurde aus einer Idee geboren. Das Allganze hatte die Idee, sich selbst zu erkennen. Es betrachtete seine Vollkommenheit und fand sieben verschiedene Energien, aus denen es gewoben war. Wie die Farben eines Regenbogens waren sie aus einem einzigen Lichtstrahl hervorgegangen. Sie waren verschieden – jede mit einem eigenen Klang, einer unverwechselbaren Schwingung, die sie von den anderen abhob. Gemeinsam verbanden sie sich zu einer perfekten Melodie von unbeschreiblicher Schönheit und immerwährender Liebe.

Das Allganze ging daran, sein Wesen zu erforschen. Es kombinierte die sieben Urkräfte, wie ein Maler Farben kombinieren würde und schuf Wesenheiten, die aus unterschiedlichen Gemischen der Sieben zusammengesetzt waren. Die Unsterblichen waren geboren. Sie schwangen mit der Melodie, huldigten dem Allganzen in seiner Vollkommenheit und fühlten sich geborgen in seiner Liebe.

Die Differenzierung der Vollkommenheit brachte Erkenntnis über ihr Wesen, doch der Kontrast war noch nicht stark genug. So kam die Idee der Polarität in die Welt. Das Allganze dachte Gegensätze wie hell und dunkel, oben und unten, Gut und Böse, und die sieben Urprinzipien machten sich daran, den Gedanken zu weben. Als es gut war, verdichtete sich die Energie zu Materie und schuf eine polare Welt der Kontraste.

Mit Staunen betrachteten die Unsterblichen die neu geschaffene Welt. Was sie sahen war ein unentwegter Wandel, ein Entstehen und Vergehen. Nichts blieb, wie es war. Sie sahen Planeten kollidieren, Meteoriten zerstieben, Sonnen verglühen, Gebirge zu Staub zerfallen und neue entstehen. Lange Zeit beobachteten sie das Kommen und Gehen, doch sie verstanden es nicht. In ihrer Welt der Vollkommenheit war kein Platz für Veränderung: keine Geburt, kein Tod, kein Licht und keine Dunkelheit.

Da sie Kinder des Allganzen waren, erfüllte auch sie der Wunsch nach Erkenntnis. Sie mussten diese neue Welt erfahren, mussten erleben, wie sich Zerstörung, Dunkelheit, Wut anfühlt. Sie ahnten, dass sie das Geschenk unendlicher Liebe und vollkommener Geborgenheit erst wertschätzen würden, wenn sie das Gegenteil erfahren hatten. Also beschlossen sie, sich auf die Welt der Kontraste einzulassen und loszuziehen, um sie zu erforschen.

Die Gedanken des Allganzen waren zyklisch: alles, was es geschaffen hatte, kam aus der Einheit und würde eines Tages in die Einheit zurückkehren. So mussten sich auch die Unsterblichen einem Zyklus unterwerfen. Sobald sie sich entschieden hatten, ihre höhere Ebene zu verlassen, mussten sie die sieben Stufen des Inkarnationszyklus zu Ende führen. Sie sollten alles ausprobieren, was in der polaren Welt möglich war. Doch die Rückkehr in die Einheit war ihnen erst erlaubt, wenn sie sich mit den Erschwernissen des Lebens ausgesöhnt hatten. Wenn sie nach der letzten Stufe ihrer irdischen Erfahrung in Weisheit und Liebe auf alles zurückblicken konnten, was sie erlebt und erlitten hatten. Wenn sie keine Dissonanz mehr mit sich führten, sondern bereit waren, sich wieder in die Melodie vollkommener Harmonie einzufügen.

Etwas fehlte noch in der Welt der Materie, das den Unsterblichen erst den Einstieg ermöglichte: das Leben. Das Allganze hauchte dem, was es geschaffen hatte, Leben ein. Es tat dies mit derselben bestechenden Einfachheit und unendlichen Vielfalt, mit der es die Unsterblichen aus sieben Grundschwingungen gewoben hatte. Nur vier Basenpaare waren nötig, um eine unendliche Vielfalt von Lebewesen hervorbringen. Die Einfachheit des Bauplans ermöglichte es den Lebewesen, sich an den Wandel der Welt, in der sie überleben mussten, anzupassen, ohne dass der göttliche Funke je erlosch. Der Zyklus von Leben und Sterben, von Geburt und Tod begann. Alles, was geboren wurde, würde eines Tages vergehen. Neues würde entstehen, das auf dem Vergangenen aufbaut, sein Erbe in sich trägt und das Potenzial hat, sich über die Möglichkeiten der Elterngeneration hinaus zu entwickeln.

Die Unsterblichen machten sich an die Vorbereitung, die polare Welt zu erobern. Sie wählten aus den sterblichen Lebewesen jene Spezies aus, die ihren Bedürfnissen am besten entsprach. Sie wussten, dass alles vergänglich war. Doch sie kannten die unendliche Weisheit des Allganzen und begriffen die Sterblichkeit als Gnade: Das Tor zu ihrer Heimat war ihnen nicht auf immer verschlossen. Die Vergänglichkeit der Körper, mit denen sie sich verbanden, ermöglichte ihnen zwischendurch die Rückkehr in die vertraute Heimat allumfassender Liebe. Sie konnten sich von der Mühsal des Erdendaseins erholen, ehe sie den nächsten Schritt wagten. Der Tod erlaubte ihnen, die Vielfalt der Möglichkeiten auszuloten: sie konnten einmal bettelarm geboren werden, dann reich, einmal als Mann, dann als Frau. Sie konnten unterschiedliche Situationen ausprobieren und so im Laufe ihres Zyklus alles Wissen sammeln, wonach es sie dürstete.

Die Unsterblichen hatten ein klares Ziel: die Möglichkeiten der polaren Welt mit all ihren Schönheiten und ihren Erschwernissen zu erfahren. Das konnte nur gelingen, wenn sie sich uneingeschränkt auf Leben und Leiden einließen. Blieben sie sich ihrer Absicht bewusst, wären sie bloß Zuschauer aus einer anderen Welt. Deshalb wählten sie den Weg des Vergessens.

Nun gingen sie an die Verteilung der Aufgaben: „Wir wollen Schönheit in all die kleinen Dinge des Alltags bringen!“ sagten die einen. „Wir wollen Großes klein und Kleines groß erscheinen lassen“, die anderen. „Wir wollen überall dort, wo etwas festgefahren ist, Veränderung anstoßen!“ „Wir wollen das Alte bewahren.“ Mit Stauen sahen sie, wie die Gegensätzlichkeit ihrer wohlgemeinten Bestrebungen sie in der polaren Welt zu Gegnern machte.

„Wir wollen die Wirkung von Wahrheit und Lüge in der sterblichen Welt erforschen.“ „Wir wollen die Auswirkungen von Zwang kennen lernen.“ „Wir wollen sehen, wie es ist, einem schlechten Herrn treu zu dienen.“ Sie erkannten, dass es auch Aufgaben geben musste, die die dunkle Seite der Schöpfung ausloteten.

Die Unsterblichen wussten um die Begrenztheit der Körper, in denen sie wohnen und um die Einsamkeit, der sie sich aussetzen würden. So entschieden sie, sich in kleinere Anteile aufzuteilen, die einzeln mit irdischen Körpern in Verbindung zu treten. Nur wenige Segmente eines Unsterblichen sollten gleichzeitig auf Erden weilen. Die anderen gaben aus ihrer höheren Warte Unterstützung. Sie halfen den Fragmenten, den Lebensplan zu verfolgen und am gemeinsamen Ziel zu arbeiten. Die einzelnen Teile waren nicht identisch, doch in Liebe und tiefem Verständnis aneinander gebunden. Jeder Teil erhielt einen Zwilling, mit dem er in engem Austausch stand. So waren die verletzlichen Wesen geschützt und geborgen, auch wenn nur wenige von ihnen das im inkarnierten Zustand wahrnehmen konnten: sie waren Teil eines Ganzen, das sie auf Schritt und Tritt begleitete und über sie wachte. Ihre mannigfaltigen Erfahrungen stellten sie den Seelengeschwistern zur Verfügung. Hatten alle Segmente ihren Zyklus vollendet, kehrte die Wesenheit in vollem Bewusstsein der göttlichen Gnade in den Chor der Lobpreisenden zurück.

Das Allganze sah ihre Absichten und hieß sie gut. Es wusste, dass sie es schwer haben würden und sann auf Hilfe. In seiner Weisheit und Güte machte es ihnen zwei göttliche Geschenke: Eines war die Angst, die sie schützen würde und ihnen zugleich die Reibungsfläche für ihr Fortkommen bot. Das andere war die Hoffnung. Das Tor zur unendlichen Liebe würde ihnen nie ganz verschlossen sein.

Mit der Angst kam das Böse in die Welt. Mit der Hoffnung der Drang, es zu überwinden. Dort, woher die Unsterblichen kamen, war beides gleichwertig: Gutes wie Böses boten wichtige Erfahrungen auf dem Weg der Erkenntnis, der in die Einheit allumfassender Liebe zurückführte.

Schon die ersten Erfahrungen zeigten, dass der Weg in die polare Welt für die Unsterblichen nicht leicht war. Sie mussten sich an die Begrenztheit ihrer Körper gewöhnen und lernen, Wind, Wetter und Naturgewalten zu trotzen. Da sie aus einer größeren Einheit hervorgegangen waren, konnten sie die Einsamkeit nicht ertragen. Deshalb schlossen sie sich zu Sippen und Stämmen zusammen. Dennoch waren sie oft mutlos und verzweifelten an den Limitierungen der menschlichen Existenz. Manche wählten nach einer kurzen Lebensspanne den Tod, der ihnen die Rückkehr ermöglichte. Andere überforderten ihre Körper und starben auf diese Weise. Nun erwies es sich als hilfreich, dass sie gezwungen waren, den Zyklus zu vollenden. Denn mit jedem neuen Versuch gewannen sie mehr Sicherheit. Sie wuchsen hinaus über das Anfangsstadium eines >Säuglings<, der ohne behütende Hand der Eltern nicht überleben kann.

Allmählich lernten sie, die ersten selbständigen Schritte zu machen. Das Zusammenleben in einer Gemeinschaft erforderte Ordnung und Disziplin. Da bei >Kindseelen< noch keine Einsicht vorausgesetzt werden kann, sicherten Strafen die Einhaltung der Ge- und Verbote.

Bald wurden ihnen die Regeln zu eng. In der Erfahrungsphase des >Halbwüchsigen< erprobten sie die eigene Kraft. Sie loteten Grenzen aus und freuten sich an ihren Möglichkeiten. Die Welt schien ihnen schwarz oder weiß und wartete nur darauf, erobert zu werden. Jugendliche Seelen gingen rau miteinander um und schufen fleißig Karma.

Zu >Erwachsenen< herangereift lernten sie, Zwischentöne wahrzunehmen und das Gesetz von Ursache/Wirkung zu verstehen. Sie erprobten sich in Beziehungsgeflechten und erkannten, dass mehr als eine Wahrheit gibt. Sie entwickelten die Fähigkeit, sich als eigenständige Individuen wahrzunehmen. Damit waren sie nicht weniger auf den Zusammenhalt in der Gruppe angewiesen und vergrößerten ihren Bewegungsspielraum.

Gegen Ende des Zyklus standen sie vor der Herausforderung, sich von all diesen Erfahrungen zu lösen. Die >alten Seelen< lernten, nur noch auf den inneren Rhythmus zu hören und ihrer eigenen Weisheit zu trauen. Die dissonante Schwingungen des gesammelten Karmas mussten abgebaut, Feindschaften überwunden und Erfahrungen liebevoll betrachtet werden. Es galt, die Wiedereingliederung vorzubereiten. Am Ende kehrten sie dorthin zurück, wo sie vor vielen Leben ausgezogen waren: in die Einheit vollkommener Liebe.

Wie es vorbestimmt war, vergaßen die Erdenkinder schnell, woher sie kamen und wohin sie gingen. Sie wussten nicht mehr, dass sie selbst zu den Unsterblichen gehörten und haderten mit dem Tod. Um Grausamkeit ihrer Wirklichkeit zu erklären, schufen sie alle Arten von Göttern, die sie für ihre Misere verantwortlich machten. Die Angst, die ihnen als Gnade verliehen worden war, ergriff zeitweise völlig von ihnen Besitz und drohte sie zu ersticken.

In diesen dunklen Momenten konnten die Unsterblichen die Irrwege der Menschen kaum ertragen. Sie riefen und winkten von drüben, doch sie wurden nicht wahrgenommen. So schickten sie Boten aus ihrer Welt, um ihren Kindern den Weg zu weisen. Unsterbliche Wesenheiten, die ihren Zyklus vollendet hatten und die Mühsal des Erdendaseins aus eigener Erfahrung kannten, kamen für begrenzte Zeit als Helfer in die polare Welt. Für die Erdenkinder waren sie Götter, die von einem fernen, verloren geglaubten Paradies berichteten. Sie nahmen ihre Lehren begierig auf. Von Generation zu Generation versuchten sie, dieses Wissen weiterzugeben. Doch die Angst verfälschte die reine Wahrheit und zurück blieben leere Gehäuse: inhaltslose Rituale und starre Fragmente der ursprünglichen Botschaft, die deren Geist nicht wiederspiegeln konnten. Die Wesenheiten, die mit der Erforschung der Schattenseiten des Lebens beschäftigt waren, beobachteten die Lichtgestalten bei ihrem Tun. Auch sie wollten ihren dunklen Kindern den Weg ebnen. Sie schufen dunkle Welten, Schrecken erregende Kreaturen und grausame Prüfungen. Damit halfen sie den Schattenkindern, den gewählten Weg der Angst zu durchschreiten. Doch Dunkelheit ist nichts anderes als die Abwesenheit von Licht. So zogen sie das Licht an, das den Schatten zu durchdringen suchte. Die dunklen Mächte boten Reibungsflächen für die Bewährung des Guten, das sich in der Überwindung der Angst manifestieren konnte.

In einem fernen Zeitalter, lange bevor die Helden unserer Geschichte das Licht der Welt erblickten, kam wieder eine der Vollendeten ihren Kindern zu Hilfe. Sie nannten sie die Göttin des Mondes, denn sie sahen sie in einer Vollmondnacht aus dem Wasser steigen. Sie lehrte sie, in Einklang mit dem Rhythmus des Mondes zu leben, zu sähen und zu ernten. Sie erzählte ihnen, dass alles was sie sahen und fühlten aus Schwingungen bestand und unterwies sie im Umgang mit den Urenergien. Um ihnen zu verdeutlichen, wie alle sieben Urenergien aus ein und demselben Allganzen hervorgegangen waren, gab sie ihnen sieben Ringe. Jeder symbolisierte eine der Energien und war schön für sich. Doch alle sieben vereinigten sich zu einem einzigen, großen Ring, der an Perfektion und Harmonie mit nichts zu messen war.

Ihre Schützlinge lernten die Künste der Heilung und der weißen Magie. Sie entwickelten die Wissenschaften und die schönen Künste und brachten ihre Kultur zu ungeahnter Blüte. Die Stadt, die ihre Herrscher bauten, nannten sie die Goldene und das Land Ambar - Drachenland. Ihr Zusammenleben war getragen von gegenseitigem Verständnis und großer Liebe. Sie kannten nur den Frieden.

Die Schaffung eines Abbildes der himmlischen Harmonie auf Erden verstieß gegen den Auftrag der Unsterblichen. Sie tadelten die Mondgöttin und schickten den Boten Uki – auch eine unsterbliche Wesenheit, die ihren Zyklus bereits vollendet hatte – los, das Paradies auf Erden zu zerstören.

Uki, der Listenreiche, gewann das Ohr des Hohenpriesters. Er flüsterte ihm ein, dass das Vollkommene nicht vollkommen genug war. Bald begannen die Menschen, sich nach ewigem Frühling zu sehnen. Uki schlug vor, das Land näher an die Sonne zu rücken. Dann würden die Tage länger und die Winter wärmer. Die Priesterschaft von Ambar beschloss, in den Lauf der Welt einzugreifen. Es gelang ihnen, mit magischen Kräften die Achse der Erde zu kippen, denn sie wussten bereits, dass sie eine Kugel war.

Naturkatastrophen von unglaublichem Ausmaße waren die Folge. Die erzürnte Erde bebte und Vulkane schleuderten feurige Lava in die Luft. Riesige Flutwellen überspülten das Land. Der gesamte Prunk und Reichtum versank unrettbar in den gierigen Fluten. Der Himmel verdüsterte sich und es wurde bitter kalt. Wo einst das Reich Ambar lag, war nur noch eine unwirtliche Insel zu sehen, die man später Tol Mith, die Nebelinsel nennen würde.

Doch das alte Wissen sollte auf der Erde präsent bleiben. Darüber waren sich die Unsterblichen einig. Sie ermöglichten den Eingeweihten von Ambar die Flucht. Um leichter mit einander in Verbindung zu bleiben, teilten diese die Ringe untereinander auf. Wenn einer von ihnen den Ring ansteckte, konnten alle anderen ihn sehen und ihm helfen.

Die Ringträger verteilten sich über die damals bekannte Welt. Einige kamen mit stolzen Schiffen an fremde Gestade, andere zogen sich weit ins Landesinnere zurück. Leicht fanden sie eine neue Heimat, denn an vielen Orten besaß Ambar Häfen oder Festungen. Auch in anderen hoch entwickelten Gemeinwesen des Südens und Ostens waren die Träger des alten Wissens willkommen.

Der König von Ambar floh mit seinem Clan bis zum Fuße des Grauen Gebirges. In einem ihrer Handelsstützpunkte entlang des Großen Flusses fand er Zuflucht. Von dort aus hielt er die Verbindung zwischen den Ringträgern aufrecht und versuchte, wieder Einfluss auf die Geschicke der Welt zu nehmen.

Das missfiel dem Unsterblichen Uki, dessen Aufgabe es war, für Kontraste zu sorgen und die Angst zu nähren. Jenseits des Grauen Gebirges herrschte der Feuerkönig, ein Schüler Ukis. Ihm brachte Uki das Wissen der anderen Welt bei, doch er legte es anders aus, als es die Mondgöttin in Ambar getan hatte. Seine Wissenschaft diente der Zerstörung und seine Kunst war eine Kunst des Krieges. Der Feuerkönig wurde ein mächtiger Zauberer. Er errichtete seine prachtvollen Städte auf der Not und dem Blute der Völker, die er mit seinen Künsten unterwarf. Seine Herrschafts-Mittel waren Gewalt und Tücke.

Diesem König erzählte Uki von den Ringen der Macht. Schon bald gierte der Feuerkönig danach und beauftragte Uki, ihm den Königsring zu bringen. Uki willigte ein, forderte jedoch einen hohen Preis – grausame Opfer und bedingungslose Unterwerfung.

Uki stahl dem König von Ambar seinen Ring. Bald darauf eroberte der Feuerkönig die nun schutzlose Festung. Der König von Ambar wurde erschlagen. Der Feuerkönig nahm den Ring und die Königstochter für sich in Besitz. So kam der siebte Ring, >Suche des Königs<, nach Furukiya.

Der Feuerkönig verhielt sich gemäß Ukis Auftrag. Er erfüllte den Ring mit seiner ganzen Bosheit und Tücke. Schon bald trachtete er danach, auch die anderen Ringe in seinen Besitz zu bringen. Doch die Ringträger verbargen sich und nutzen ihre Ringe nicht mehr. Sie blieben frei, und mit ihnen zahlreiche Eingeweihte des alten Volkes von Ambar. Für die fremden Könige, denen sie dienten, waren sie mächtige Zauberer. Sie beherrschten die Elemente und nutzen das Wissen über die sieben Urenergien. Über viele Jahrhunderte hüteten sie das Vermächtnis der Unsterblichen und warteten auf den Tag, da Friede und Harmonie zurückkehren würden.

Es folgten weitere Jahre der Unsicherheit und Zerstörung. Seuchen, Kriege und Naturkatastrophen machten den Menschen die irdische Existenz zur Qual. Im Norden flohen die Menschen vor den vordringenden Gletschern. Im Süden verödeten saftige Weiden zur Wüste. Eines nach dem anderen gingen die alten Reiche zu Grunde, und neue Herren machten sich das Land untertan. Die Ringe wechselten von Hand zu Hand, doch der Frieden wollte nicht zurückkehren. Zahlreiche Sagen und Legenden aus fernen Zeiten berichten uns von den Kriegen, den Irrungen, der Tapferkeit und der Bewährung jener Menschen. Eines Tages gelang es, den so oft missbrauchten siebten Ring zu zerstören. Doch der himmlische Friede kehrte nicht zurück. Müde von Krieg und Verwüstung fragten die Hüter der Ringe ihren obersten Gelehrten im Elfenbeinturm, ob der alte Zustand wieder hergestellt werden könnte. Er suchte in den alten Schriften und fand folgende Weissagung:

„Er, den wir euch als Retter gemeint, der Drachen, Wolf und Schlange vereint, bringt dem Heere den Sieg und dem Volk den Frieden. Er öffnet das Tor für die neue Zeit und wird das Band neu schmieden.“ Die Weisen jener Zeit sahen im Drachen das Symbol für den rechtmäßigen König der alten Völker. Der Wolf stand für die Qualität des Kriegers: Hingabe, Mut, Ausdauer, Willenskraft - die Bereitschaft, zu kämpfen. Die Schlange war das Symbol des Heilers: die mütterliche Qualität, die Gegensätze vereint, schützt, Tränen trocknet und heil macht, was gewaltsam getrennt worden war.

Die Bedeutung jener Symbole ist längst vergessen, als König Curon von der Weissagung erfährt. Als Nachfahre des legendären Feuerkönigs fühlt er sich berufen, dessen Erbe anzutreten. Die magischen Symbole Drachen, Wolf und Schlange sammelt er als Tätowierungen auf seinem Arm. Damit meinte er, dem Orakelspruch Genüge getan zu haben. Er ist besessen von der Idee, den Krieg zu gewinnen, den Frieden zu erzwingen und den machtvollen siebten Ring neu zu schmieden. Dazu braucht es allerdings eine Legitimierung. Furukiyas Könige werden nicht durch Erbfolge bestimmt, sondern im Ithrynmaeth, einem mit aller Härte und Tücke ausgetragenen Wettkampf der Zauberer. Der Sieger regiert das Land – so lange, bis ein anderer ihn bezwingt.

Im Frühling steht der 111. Ithrynmaeth an. König Curon weiß, dass er nur von seinem eigenen Fleisch und Blut getötet werden kann. Da er alle Kinder ermorden ließ, wird er auch diesmal gewinnen. Danach beabsichtigt er, mit einem gewaltigen militärischen Aufgebot dem Land zwischen Feuermeer und Sund seinen Frieden aufzwingen.

Der bevorstehende Krieg bedroht die Existenz vieler alter Zaubergeschlechter. Curons Gegner, die weißen Zauberer des Nordens, schließen sich zusammen, um den Untergang ihrer Welt zu verhindern. Wenn König Curon ihren entscheidenden Trumpf nicht vorzeitig entdeckt, könnten sie ihm den Sieg streitig machen.

Der wandernde Zauberer Mauro Randirgardh ahnt nicht, was sich rund um ihn zusammenbraut. Nach vielen Jahren in der östlichen Steppe kehrt er heim an den Sund. Sein bloßes Auftauchen ist vielen verdächtig. Zwangsläufig gerät er zwischen die sich bereits formierenden Fronten und wird vom Strudel der Ereignisse erfasst.

Hier beginnt die Geschichte.


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