Zauber des Schreibens

Die Idee zu diesem Buch basiert auf Tolkiens „Herrn der Ringe“. Als ich die 3 Bände zu Ende gelesen hatte (lange vor dem Erscheinen der Filme), fragte ich mich: >Wenn in Mordor Menschen statt Orks hausen würden, wäre Aragorn jetzt ihr König. Er müsste sich um das zerstörte Land und seine Bewohner kümmern. Wie kann er sich Respekt verschaffen? Ist es überhaupt möglich, dass ein Fremder die Herrschaft in einem ehemals feindlichen Land übernimmt? Mit welchen Schwierigkeiten hat er zu kämpfen? Wie findet er Verbündete, wenn er vor Ort keine Hausmacht hat?<

Ich ließ mir die Geschichte erzählen. >Erfinden< musste ich dafür bloß die Haupt-Charaktere. Sobald ich sie auf den Weg gebracht hatte, entwickelten sie vor meinen Augen eine faszinierende Eigendynamik. Aus dem unübersichtlichen Konglomerat des „dunklen Reiches“ tauchten plötzlich Helfer auf, die sich dem neuen Herrscher als Verbündete andienten. Irgendwann begriff ich, dass es vorher schon Widerstand gegen den Tyrannen gegeben haben muss. Die Feinde des alten Königs waren die logischen Verbündeten des neuen Hoffnungsträgers. Wenn Mauro sie als Person überzeugen und für seine Ziele begeistern konnte, würden sie zu ihm überlaufen. Die Machtübernahme war lösbar. Sobald das klar war, ging es zurück an den Anfang. Mein Auserwählter forderte seine eigene Heldengeschichte. Schritt für Schritt entfernte ich mich von Tolkiens Vorlage und entwickelte Mauros ganz persönlichen Weg. Die einzelnen Stationen ließ ich mir von meinem Haupt-Akteur exklusiv erzählen.

Mauro war von Anfang an sehr eigenwillig. Seine Herkunft erschloss er mir ungefähr genauso bruchstückhaft, wie es im Buch geschildert wird. Von Tag zu Tag lernte ich ihn besser kennen. Viel Zeit haben wir miteinander verbracht, gemeinsam gelebt, geliebt und gelitten. Er ist der über jeden Zweifel erhabene archetypische Held. Sein Handeln folgt der zwingenden Logik eines archetypischen Bandes – des Ur-Strickmusters menschlicher Legenden, die über Zivilisation und Sozialisation hinaus Gültigkeit behalten.

Vielleicht ist deshalb Feren meine Lieblings-Figur. Er ist ein Beladener, vom Schicksal geprüfter Kämpfer – düster, unberechenbar und überaus verletzlich. Das macht ihn menschlich und der Identifikation zugänglich. Auch Feren zeigte sich mir nicht von Anfang an. Er hielt sich bedeckt – wie es seine Art ist. Tief in seine Auster verschlossen ließ er mich jahrelang an die harte Schale pochen. Erst zum Schluss begriff ich, was wirklich in ihm steckt – und dass er für das Gelingen der Mission von zentraler Bedeutung ist.

Gelegentlich hatte ich faszinierende Erkenntnisse. Ich war nicht weniger überrascht als Feren, als ich begriff, wer hinter dem „Netzwerk“ stand. Staunend erschloss sich mir die Logik, dass der Mächtige selbst den Widerstand organisieren würde.

Als die Geschichte in meinem Kopf fertig erzählt war, fing ich an, sie aufzuschreiben. Es waren wunderbare Jahre, die ich mit meinen Figuren verbrachte. Ich habe mit ihnen gelebt und gelitten. Sobald ich etwas Freizeit hatte, setzte ich mich an den Computer und schrieb nieder, was an Bildern in meinem Kopf entstanden war. Ich schrieb nie systematisch. Erster, zweiter, dritter Teil und die Feren-Geschichte entstanden praktisch parallel. Dann hatte ich zwei Jahre Schreib-Pause, weil ich den Schluss nicht >sehen< konnte. Als er dann schwarz auf weiß vor mir stand, war klar: so und nicht anders muss es gewesen sein. Die Schlüssel-Entscheidung hat Mauro am Anfang getroffen. Am Ende musste er sie bloß noch begreifen.

Meine eigene Entwicklung war an die meiner Charaktere gekoppelt. Oft brauchte ich einen persönlichen Erfahrungsschritt, um ein Kapitel vollenden zu können. Ich führte Menschen und erlebte am eigenen Leibe, was funktioniert und was nicht. Ich besuchte einen Lehrgang über archetypischen Energien und ließ die gewonnen Erkenntnisse einfließen. In der Freizeit beschäftigte ich mich mit Channeling, Paganismus und Energie-Manipulation. Auch davon fand vieles Eingang in mein Buch.

Als das Manuskript fertig war, stellte ich überrascht fest: trotz zahlloser Überarbeitungen und Schreiben in Etappen ging der rote Faden nicht verloren. Nur wenige Kapitel habe ich zwischendurch als Irrwege verworfen. Das passierte, sobald ich trotz innerem Stopp-Schild unbedingt weiterschreiben wollte. Solange ich mit meiner Inspiration in Kontakt blieb, erschloss sich mir die Handlung wie von selbst. Für mich bedeutet das: die Geschichte hat bereits existiert – vielleicht in der Akascha-Chronik. Mauro wollte, dass sie erzählt wird. Ich habe ihn >ent-deckt< und er hat mich als >Medium< zum Schreiben genutzt. Warum ich? Weil ich es konnte: weil ich die Zeit und die Möglichkeiten hatte, mich neben dem Job dem Schreiben zu widmen. Ich sehe mich nicht als Schriftstellerin, sondern als Mauros Biografin. Ob ich einen guten Job gemacht habe? Das beurteilen jetzt meine Leser.

Trotz wenig ermutigender Verlags-Resonanz habe ich mich für die Veröffentlichung entschieden. Warum? Ich möchte die Früchte meiner Arbeit mit anderen teilen. Vielleicht gibt es da draußen im weltweiten Netz Menschen, die Mauro und seine Gefährten kennen lernen wollen. Die genauso viel Freude daran haben mit ihnen zu reisen wie ich.

Gewiss bekomme ich Hilfe, denn: wer sollte für die Verbreitung seiner Geschichte besser sorgen als Mauro der Zauberer, höchst persönlich?


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